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protestierte Kevin. Er verstand Arnulfs Entrüstung nicht.
»Ja, vielleicht«, antwortete Arnulf. »Aber nicht auf Locksley
Castle. Ich will allerdings nicht bestreiten, daß Robins Vater
ebensowenig unglücklich über die Freundschaft der beiden war
wie Maryans Eltern. «
»Gerade hast du gesagt, sie wären sich von Kindesbeinen an
versprochen«, sagte Kevin.
»Ja, aber es war Maryan, die Robin die ewige Treue schwor,
und umgekehrt«, antwortete Arnulf. »Die beiden wären längst
Mann und Frau, wäre der König nicht ins Heilige Land
gezogen. «
»Was hat König Richard damit zu tun?«
»Maryan ist seine Cousine«, antwortete Arnulf. »Und ein
Verwandter des Königshauses braucht nun einmal das
Einverständnis des Königs, um heiraten zu können. « Er seufzte.
»Eure Sitten sind manchmal sehr kompliziert. Ich versuche seit
fünfzig Jahren, sie zu verstehen, aber ich fürchte, ich könnte es
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noch einmal fünfzig Jahre versuchen, ohne daß es mir gelänge.
«
Sie gingen weiter. Kevin wollte die Richtung zum Haupthaus
einschlagen, um Robin zu folgen, aber wieder wehrte Arnulf ab.
»Bis zum Essen vergeht noch eine Stunde«, sagte er. »Es ist
besser, wir lassen ihn noch eine Weile allein. Und außerdem... «
Er lächelte flüchtig. »Nimm es mir nicht übel, aber du riechst
wie eine ganze Fuhre Pferdemist. Wasch dich, bevor du zum
Essen kommst. Robin ist in dieser Beziehung etwas eigen. «
Was den Geruch anging, hatte Arnulf zweifellos recht, und auch
was Robins übertriebenen Sauberkeitssinn anging. Auf dem
Hof, auf dem Kevin aufgewachsen war, war es üblich gewesen,
zweimal im Jahr zu baden, aber er hatte davon gehört, daß viele
reiche Leute mehrmals im Monat ein Bad in kaltem, manchmal
sogar eigens angewärmten Wasser nahmen; in Kevins Augen
nicht nur ein schier ungeheurer Luxus, sondern auch etwas, das
der Gesundheit abträglich sein mußte. Aber sein Bruder war
ohnehin ein wenig sonderbar.
Trotzdem spürte er, daß das nicht der eigentliche Grund war,
aus dem Arnulf ihn abwies. Der Wikinger wollte allein mit
Robin sprechen, und das schmerzte Kevin. Widerwillig fügte er
sich.
Das Abendessen verlief in keiner sehr angenehmen
Atmosphäre. Robin war nicht nur außergewöhnlich
schweigsam, sondern auch spürbar gereizt. Arnulf versuchte ein
paarmal vergebens, ein Gespräch in Gang zu bringen, und gab
schließlich auf.
Nicht so Kevin. Er war nicht so unsensibel, nicht selbst zu
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spüren, daß etwas mit seinem Bruder nicht stimmte, und ihm
entgingen auch die mahnenden Blicke nicht, die Arnulf ihm von
Zeit zu Zeit zuwarf. Aber beides war ihm mittlerweile
gleichgültig. Das Erlebnis vorhin war einfach zu rätselhaft, um
es auf sich beruhen zu lassen. War er nicht zumindest zum Teil
auch Herrscher über dieses Haus und somit auch dafür ver-
antwortlich?
»Erzähl mir mehr von Guy von Gisbourne«, bat er seinen
Bruder. »Wer ist dieser Mann? Und wieso ist er unser Feind?«
»Er ist nicht mein Feind«, antwortete Robin abfällig. »Dazu
fehlt ihm das Format. « Kevin entging nicht, dass er mein Feind
sagte, und er war auch sicher, daß diese bestimmte Wortwahl
kein Zufall war. Aber Robin fuhr bereits fort: »Er ist nicht
einmal ein richtiger Mann. «
»Weil er noch so jung ist?« Kevin war ein wenig verletzt. Guy
von Gisbourne konnte nicht sehr viel älter sein als er selbst, und
so betrachtete er Robins Worte auch als Seitenhieb auf sich.
Zu seiner Überraschung lächelte sein Bruder plötzlich. »Weil
er ein Dummkopf ist«, sagte er. »Das hat nichts mit seinem
Alter zu tun. Guy von Gisbourne ist ein Dummkopf und Narr,
und er wird immer ein Dummkopf und Narr bleiben, ganz egal,
wie alt er auch wird. Das Problem ist nicht er. Was mir Sorgen
bereitet, ist sein Onkel. «
»Der Sheriff von Nottingham?«
Robins Gesicht verdüsterte sich. Er antwortete nicht sofort,
sondern stand auf, ging zum Kamin und ließ sich davor in die
Hocke sinken. Funken stoben auf, als er einen frischen Scheit in
die Flammen warf, die mit ihrem Licht und ihrer Wärme
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vergeblich versuchten, der durch die Fenster hereinströmenden
Nacht Einhalt zu gebieten. »Ich bin nicht einmal sicher, daß er
der wirkliche Feind ist«, sagte er. »Er haßt mich. Er hat schon
meinen Vater gehaßt, und ich habe diesen Haß geerbt,
zusammen mit dieser Ruine hier. Aber seit einiger Zeit... ist
alles anders geworden. «
»Anders?« fragte Arnulf. »Ihr meint schlimmer. «
»Anders. « Robin schüttelte den Kopf, richtete sich auf und
ging zum Fenster. »Ich kann es nicht beschreiben, alter Freund.
Es ist nur ein Gefühl. Aber manchmal ist es so intensiv, daß es
mir schier den Atem nimmt. « Eine Zeitlang blickte er
schweigend aus dem Fenster, dann hob er die Hand und deutete
in die Dunkelheit hinaus. »Es ist wie... wie das da, Arnulf. Wie
die Nacht da draußen. Als ob sich ein Schatten über das Land
gelegt hat. Ich wünschte, Richard wäre zurück. Ich wünschte, er
hätte sich diesem verfluchten Kreuzzug nicht angeschlossen!«
Kevin war regelrecht schockiert. Er hatte sich insgeheim
schon mehr als einmal gewundert, daß nicht auch sein Bruder
zusammen mit König Richard ins Heilige Land gezogen war,
um die Stadt des Herrn von der Herrschaft der Muselmanen zu
befreien, aber stets angenommen, daß er schon seine Gründe
dafür haben würde. Diese Worte aber trafen ihn wie eine
Ohrfeige.
»Aber... aber bist du denn... dagegen?« fragte er ungläubig.
»Dagegen?« Robin drehte sich zu ihm herum, lehnte sich
gegen den Fenstersims und schüttelte zornig den Kopf. »Dieser
ganze sogenannte Kreuzzug ist doch Wahnsinn! Ich habe
Richard angefleht, davon abzulassen, aber er hat nicht auf mich
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gehört. «
»Aber der Papst... «
»... brauchte dringend einen neuen Feind im Osten, um von
den Problemen im eigenen Land ablenken zu können«, fiel ihm
Robin ins Wort. »Ebenso wie viele Könige und Ritter, die ihm
folgten. Außerdem ist es ein reiches Land. Es gibt eine Menge
zu plündern und zu erobern. «
»Für diese Worte könntet Ihr als Ketzer verbrannt werden«,
sagte Arnulf ernst.
»Ich weiß. « Robin lächelte. »Deshalb wirst du sie außerhalb
dieser Mauern auch niemals von mir hören. Aber das ändert
nichts daran, daß es die Wahrheit ist. Und ich bin nicht der
einzige, der so denkt. Viele sind der gleichen Meinung wie ich.
Aber keiner wagt es, das laut auszusprechen. «
»Aber was soll denn so schlecht daran sein, das Heilige Land
und Jerusalem zu befreien?«
»Jerusalem?« Robin lachte. »Jerusalem ist tausend Jahre lang
von den Moslems regiert worden, ohne daß Gottes Zorn über
uns gekommen wäre. Nein, dieser ganze sogenannte Heilige
Krieg ist nichts als eine Farce und zu nichts anderem gut, als die
Machtgelüste der Kirche zu stillen. Und dabei geht unser Land
vor die Hunde. «
»Wieso?« fragte Kevin.
»Weil England ausblutet«, antwortete Robin. »Die Ritter, die
Edelleute, die Krieger... die Blüte Englands ist Richard auf
diesen verfluchten Kreuzzug gefolgt. Sie verbluten irgendwo in [ Pobierz całość w formacie PDF ]

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