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gen ber ihnen zu hren gewesen sein.
Nichts wie weg von hier. Jeden Moment kon-
nten Streifenwagen die Rampen herunter-
kommen. Ross drehte sich zu dem Mdchen
um und griff einen ihrer rmel, um sie zum
Wagen zu ziehen. Sie reagierte mit einer
brsken Bewegung, und er zuckte in Erwar-
tung eines Schlages zurck, aber er lie nicht
los. Sie folgte ihm nur wenige Schritte weit,
bemht, nicht in die Blut- und Urinlachen zu
treten, die sich schnell ausbreiteten. Dann
wollte sie sich auf einmal von ihm los-
machen. Dabei erwischte sie einen Moment,
in dem er sein verletztes Bein belastete, und
warf ihn fast um. Er schrie auf vor Schmerz
und berraschung und kmpfte schwankend
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um sein Gleichgewicht. ber das monotone
Singen in seinem mihandelten Gehr und
wie durch eine Wattierung hrte er sich
selbst nur dumpf und das Mdchen ber-
haupt nicht, als sie sich zu ihm beugte und
etwas sagte. Ihr Mund formte ein M und ein
Sch. Er hielt ihren Arm fest, bis sie das Auto
erreicht hatten, und riss die hintere Wa-
gentr auf, die mit der Einschussstelle in der
Scheibe. Sie kroch ohne zu zgern mit dem
Oberkrper voran auf die Rckbank und zog
schnell die langen Beine nach. Die Innen-
seite ihrer bestrumpften Schenkel war nass.
Ihre Schuhe hatte sie verloren, und die
Rckennaht ihres Blazers und eine Seiten-
naht des Rocks waren aufgeplatzt. Ross warf
die Tr zu und umrundete den Wagen so
schnell er konnte, torkelnd wie ein Krppel,
die leer geschossene Pistole mit beiden
Hnden haltend wie einen Talisman. Als er
sich in den Fahrersitz fallen lie, meldeten
sich erste Schmerzen in der tauben Hlfte
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seines Brustkorbs; die Luft blieb ihm weg,
und er musste gegen aufsteigende belkeit
ankmpfen. Jetzt nicht, dachte er, jetzt noch
nicht; hoffentlich ist kein lebenswichtiger
Teil von mir verletzt, hoffentlich habe ich
keine inneren Blutungen. Jetzt nicht! Sein
ganzer Krper pulsierte; seine Hnde flatter-
ten, whrend er mit dem Schlssel hantierte.
Im Mund hatte er den metallischen
Geschmack, der die Adrenalinflut begleitete.
Das war angenehm. Das war gut. Das hie,
dass er noch Reserven hatte. Er drngte Bre-
chreiz und Schmerz zurck, zwang sich,
nicht in seinen Krper hineinzuhorchen und
seine Hnde zur Ruhe, konzentrierte sich auf
das Auto. Schlssel, Starterknopf, Reverse
langsam!
Der Wagen rollte rckwrts an. Im Auen-
spiegel erschienen die beiden Erschossenen.
Ross stampfte auf die Bremse. Sie lagen im
Weg. Er starrte in den Spiegel und wusste,
dass er nicht wieder aussteigen wrde, um
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sie beiseitezurumen. Nicht in meinem Zus-
tand, dachte er. Das schaffe ich nicht. Ich
habe keine Zeit dafr. Er drehte sich zu dem
Mdchen um. Sie achtete nicht auf ihn; sie
sa vornbergebeugt und war dabei, ihr
Haar im Nacken zu bndeln. Los. Langsam.
Ross glaubte, eine Erschtterung zu spren,
als die Rder des schweren Fahrzeugs die
Beine des ersten Toten zermalmten. Der
fhlt nichts mehr, sagte er sich, der ist hin.
Im Vorbeifahren warf er einen schnellen
Blick auf den anderen, der auf dem Rcken
lag. Sein Mund und seine Augen waren weit
geffnet, als das Auto langsam ber seine
Fe fuhr. Bewegte er sich? Bewegte ihn das
Rad? Vorbei. Im Rckwrtsgang rollten sie
die Fahrgasse entlang, bis sie die Rampe zur
Oberflche erreichten. Ross wendete und sah
am anderen Ende der Tiefgarage die Rck-
fahrscheinwerfer des Vans der Angreifer. Er
wollte auch verschwinden. Oder ihnen
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folgen? Die Toten einsammeln? Egal. Nichts
wie weg. Vor ihnen: Tageslicht.
Drauen war alles wie vorher. Der freund-
liche Tag, der Verkehr, die Menschen. Keine
besondere Unruhe, keine Blaulichter, kein
Auflauf, niemand zeigte mit dem Finger auf
ihren Wagen oder schaute ihnen nach. Es
war vorbei. Sie hatten es berstanden. Sie
waren am Leben, frei und auer Gefahr fr
den Moment wenigstens. Fr dieses Mal.
10. Kapitel
Ross hatte keine Ahnung, wohin er fahren
sollte. In den ersten Minuten ihrer Flucht
machte er sich auch keine Gedanken
darber. Seine Nerven lagen blank, und die
Fahrt durch den dichten Nachmittags-
verkehr in der Umgebung des Flughafens
forderte seine ganze Aufmerksamkeit. Ein
Unfall oder auch nur das Interesse einer
Verkehrsstreife, und sie saen fest. Zwar war
Polizei nirgendwo zu sehen, aber er wusste,
dass sie innerhalb einer Minute auftauchen
wrde, wenn etwas passierte, und dass der
Highway, auf dem sie unterwegs waren,
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zumindest an den zahlreichen Brcken und
Unterfhrungen videoberwacht war.
Nach und nach beruhigte er sich etwas und
fing wieder an zu denken. Er wusste nicht,
wo er war, und nicht, wohin die Strae
fhrte, auf der sie fuhren. Er verwnschte
sich fr seinen Mangel an Voraussicht.
Schon vor Wochen htte er sich einen Reise-
fhrer fr die Schweiz kaufen knnen, der
ihm jetzt bei der Orientierung geholfen
htte. Das Navigationssystem war nutzlos.
Wenn es ihm anzeigte, wo er war, dann kon-
nte er mit der Ortsangabe nichts anfangen,
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